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Taten statt Worte: Was wir von den Bibern lernen können
In Tschechien trägt sich das zu, was eigentlich in Disney-Filmen passiert: Menschen streiten jahrelang über Renaturierung. Die Biber machen es einfach – und Erstaunliches passiert.
Marco Maurer / 11.02.2025
Diese Geschichte hat etwas, das sonst eher in Disney-Filmen vorzufinden ist. Die Tiere treten in solchen Streifen in dem Moment auf den Plan, als die beschriebene Welt auf einen Kipppunkt zuläuft, die bösen Mächte gewinnen könnten. Nun, unsere Welt wird in jüngerer Vergangenheit gerade nicht von zu guten Nachrichten geflutet, das ist schon einmal eine Gemeinsamkeit mit der Disney-Fiktion. Und nun kamen in unserer echten Welt die Biber und räumten auf. Sie sagten sich quasi: Das ist reine Fellsache.
Der Reihe nach: In Tschechien wurde über Jahre gestritten, ob ein Gebiet innerhalb des Landschaftsschutzparks Brdy, das früher als Militärstützpunkt gedient hatte und zu diesem Zweck ein künstlich angelegter Kanal angelegt worden war, wieder renaturiert werden sollte. Die Klabava sollte, rund 50 Kilometer südwestlich von Prag, wieder fliessen wie früher.
Seit das festgestellt worden war, stritten Naturschützer, Kommunen, Wasserwirtschaftler, und Forstbetriebe jahrelang darüber, wie und sogar auch ob der Fluss wieder nicht begradigt verlaufen sollte. Das Vorhaben, ungefähr 1,2 Millionen Euro schwer, kam, wenn überhaupt, schleppend voran; gebremst von Abstimmungen, Genehmigungen, wasserrechtlichen Entscheidungen, der Bürokratie eben.
Doch dann kamen der natürliche Lauf der Dinge, die Biber. Die Tiere kennen keine Formulare.
Klares Wasser, neues Leben – dank Bibern
Mit ihren lediglich vier Nagezähnen bauten sie einen Damm und erschufen ein Sumpfgebiet, übernahmen das Kommando. In einer Nacht könne ein Biber bauen, wofür der Mensch eine Woche brauche, sagte der Leiter des Landschaftschutzparks im tschechischen Fernsehen (mehr über die Macht der Biber übrigens hier).
Wie die Tiere den Weg dorthin fanden, ist unklar. Die nächste Population ist gut zehn Kilometer entfernt. Es soll sich allerdings nur um eine Biberfamilie handeln, die den Damm aufbaute. Übrigens genau an der Stelle, an der die Behörden es haben wollten, entlang des künstlich angelegten Kanals.
Rund vier Jahre bauten die Biber an dem Damm, in einer Zeit, in der das Bauvorhaben nicht einmal die Genehmigung dafür bekommen hat.
Ein einziger Biber kann bis zu 200 Bäume im Jahr fällen. Mit ihrer Arbeit hat die Biberfamilie dafür gesorgt, dass das Wasser der Klabava wieder klarer geworden ist, dass sich Amphibien entfalten konnten, neues Leben entsteht. Die Planer und Gegner der Planung müssen nicht mehr streiten, das bereits abgeschlossene Projekt wird zu den Akten gelegt.
Manche Menschen werden das Ganze als Parabel verstehen: Während ein paar von uns mit der Kettensäge Disruption fordern, den Sozialstaat entschlacken, aus Klimaabkommen austreten wollen, baut eine einzige Biberfamilie eine Gesellschaft zum Wohle aller auf.
Andere Menschen werden dagegen sagen: «Seht her, die Natur regelt sich von selbst.» Egal wie – der Quasi-Disney-Film aus Tschechien ist doch eine schöne Nachricht und sagt uns: Es gibt sie noch, die guten Dinge. Und: Vielleicht sollten wir alle mehr Biber wagen.