AKW Leibstadt wegen Fehlfunktion wieder vom Netz

Am Samstag 18.2.2017 protestierten Grüne und andere AktivistInnen vor dem AKW Leibstadt gegen die Unverantwortlichkeit des ENSI. Wir fordern: „Sicherheit der Bevölkerung vor Profit der AKW-Betreiber. (Grüne Partei Schweiz)

Nach nur wenigen Stunden musste das AKW Leibstadt wieder abgeschaltet werden. Wo dieses Mal das Problem liegt.

Am Freitagnachmittag wurde das AKW Leibstadt eingeschaltet, in der Nacht auf Samstag ging es bereits wieder vom Netz. Die Ursache liege in einer Fehlfunktion in der Abgasanlage im nicht-nuklearen Bereich, wie die Kernkraftwerk Leibstadt AG mitteilte.

Das Werk war erst am Freitagabend nach einem halbjährigen Stillstand wegen oxidierter Brennstäbe wieder ans Netz gegangen. Einen Zusammenhang mit dieser Abschaltung gibt es gemäss Mitteilung vom Eidgenössischen Nuklearinspektorat (ENSI) nicht.

Korrekturmassnahmen beim Hochfahrprozess

Bei der Inbetriebnahme des AKWs wurden Funktionstests durchgeführt, um die Anlage sukzessive auf Betriebsleistung zu bringen, wie die Kernkraftwerk Leibstadt AG mitteilte. Weil die Abgasanlage nicht ordnungsgemäss funktionierte, wurde die Anlage wieder manuell abgeschaltet und geordnet heruntergefahren.

Eine Sprecherin des Kernkraftwerks teilte auf Anfrage der sda mit, dass nach einem längeren Stillstand Korrekturmassnahmen beim Hochfahrprozess zu erwarten seien. Auch das ENSI schreibt, dass es nichts aussergewöhnliches sei, wenn es beim Wiederauffahren eines Kernkraftwerkes zu solchen Ereignissen komme.

Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet

Die Aufsichtsbehörde hat das Ereignis auf der Internationalen Ereignisskala INES vorläufig der Stufe 0 – Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung – zugeordnet. Der Schutz von Mensch und Umwelt sei zu jeder Zeit gewährleistet gewesen.

Die Abgasanlage ist für die Filterung der Abgase aus dem Kondensator zuständig. Der Kondensator befindet sich im Maschinenhaus im nicht-nuklearen Teil der Anlage. Die Abgasanlage wird über das Wochenende in Stand gesetzt. Am Montagabend soll das Kernkraftwerk wieder ans Netz angeschlossen werden.
Das ENSI hatte am Donnerstag die Freigabe für den Leistungsbetrieb des AKW Leibstadt gegeben, allerdings in leicht reduziertem Umfang. Das Werk war zuvor seit der Jahreshauptrevision im vergangenen August wegen oxidierter Brennstäbe stillgestanden. Die Brennstäbe waren zeitweise ungenügend gekühlt gewesen.

Protestaktion

Die Freigabe wird heftig kritisiert. Am Samstag haben die Grünen vor dem AKW eine Protestaktion durchgeführt. Sie fordern, dass das AKW nicht in Betrieb genommen wird, bis die Ursachen für die Brennelementschäden geklärt sind.

Der Entscheid des ENSI, das Wiederanfahren des AKW Leibstadt zu bewilligen, sei unverantwortlich, teilten die Grünen mit. «Das ENSI stellt damit den Profit der AKW-Betreiber vor die Sicherheit der Bevölkerung und versagt dort, wo es nicht versagen darf.»

Die Grünen fordern daher die Stärkung der Atomaufsicht, damit diese ihre Aufgaben «korrekt erfüllen» könne. Schon am Donnerstag, kurz vor der Freigabe durch das ENSI, wurde der Behörde eine von den Grünen lancierte Petition mit 16’000 Unterschriften übergeben, die ebenfalls eine restlose Aufklärung der Ursachen fordert.

Kritik aus Deutschland

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Berliner Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, kritisierte am Samstag den Entscheid. Es sei «bedauerlich», dass das Kraftwerk wieder ans Netz gehen dürfe, «obwohl die Ursachen für die Schäden an den Hüllrohren nicht restlos aufgeklärt zu sein scheinen».

Nach ihren Angaben hat ihr Ministerium um ein Gespräch mit dem ENSI gebeten, um die technischen Hintergründe für die Entscheidung «nachvollziehen» zu können. Sie hoffe auf ein möglichst baldiges Gespräch, «denn die deutsche Bevölkerung in der Grenzregion ist sehr besorgt», fügte Schwarzelühr-Sutter hinzu.

Gegen die Wiederinbetriebnahme des AKW hatten Greenpeace und die Schweizerische Energiestiftung vergeblich protestiert, ein Dutzend weitere Organisationen in der Schweiz und in Deutschland forderten in Schreiben an die Regierung ebenfalls seine Stilllegung. Auch Baden-Württemberg und das österreichische Bundesland Vorarlberg setzten sich für einen Aufschub der Inbetriebnahme ein. (woz/sda)

Erstellt: 18.02.2017, 11:36 Uhr